Kein Krieg ohne Werbung
Amerika zieht wieder in den Krieg: Black Hawk Down von
Ridley Scott und We Were Soldiers mit Mel Gibson setzen den Helden
von verlorenen Kriegen in Somalia und Vietnam ein Denkmal. Politik wird dabei
weitestgehend ausgeblendet, das blutige Leinwand-Gemetzel konzentriert sich
vielmehr auch den Bund der Männer in der Hölle einer Schlacht.
Kinolegende Ridley Scott (64), der Regisseur von Alien, Blade
Runner und Gladiator, geht auch in Black Hawk Down
aufs Ganze. Das stundenlange Schlachtfest auf der Leinwand hinterlässt
den Zuschauer erschöpft und überwältigt.
Mr. Scott, was war aus Ihrer Sicht der größte Unterschied
zwischen der Arbeit an dem Historien-Epos Gladiator und dem
Kriegsfilm Black Hawk Down?
Ridley Scott: Diesen Film hätte ich ohne meine Erfahrung in der
Werbung niemals drehen können. Ich habe 2500 Werbespots gemacht, dann
Fernsehfilme und dann erst meinen ersten Kinofilm. Dabei lernt man Effizienz.
Ohne meine Erfahrungen beim Schnitt der vielen Werbefilme hätte ich
keinen Kriegsfilm machen können. Bei der Werbung geht es nur um kleine
Bildhäppchen. Da lernt man sein Handwerk.
Denken Sie bei der Auswahl Ihrer Stoffe in irgendeiner Form an
das Publikum?
Scott: Nein, ich suche einfach möglichst neues Material, das
mich unbedingt faszinieren muss. Ich möchte mich an etwas heranwagen,
das ich zuvor noch nie ausprobiert habe. Das ist das verbindende Element
für mich. Ich hatte mich nie zuvor mit dem römischen Imperium
beschäftigt oder mit Christoph Columbus, und ich war nie in einem Krieg.
Den Film in Somalia zu drehen, war wohl
unmöglich?
Scott: Das wäre nie gegangen, wir hätten nicht mal eine
Versicherung für unser Team bekommen. Diesen Film haben wir in Marokko
gedreht, wo ich auch schon einen großen Teil von Gladiator
inszeniert habe. Dort gibt es gute Techniker, sehr gute Kulissenbauer, und
wir haben uns sicher gefühlt.
Was hat Sie an der Buchvorlage fasziniert?
Scott: Wie sich ein auf 30 Minuten anglegter Einsatz in eine über
18 Stunden lange Hölle verwandeln konnte. Black Hawk Down
ist die Geschichte eines riskanten Plans, der total daneben geht womit
vorher jedoch niemand gerechnet hatte. Alles beginnt damit, dass ein Soldat
ein Seil verfehlt und abstürzt. Wie es zu diesem Unfall kommen konnte,
weiß man bis heute nicht, schließlich war der Soldat zwei Jahre
lang dafür ausgebildet worden. Dann geht der nächste Mann verloren,
dann der erste Hubschrauber, und schließlich bricht die Hölle
los, weil alle Rettungsversuche und am Ende der ganze Einsatz fehlschlagen.
Das hätte allerdings auch genauso gut vor 60 Jahren in Berlin passieren
können, in Vietnam oder überall auf der Welt. Der einzige Unterschied
sind die Waffen.
In Black Hawk Down sterben die Amerikaner ziemlich
explizit, bei den Somalis sieht es dagegen vergleichsweise harmlos aus. Warum
ist das so?
Scott: Weil die Buchvorlage die Geschichte aus amerikanischer Sicht
erzählt. Man wusste ja schon vorab viel darüber, wie effizient
die Somalis sind. Die Amerikaner wurden für ihr Eindringen scharf
kritisiert, aber keiner hat sonst irgendetwas gegen die Anarchie in dem Land
getan. Audrey Hepburn hat das Land damals als Unicef-Botschafterin besucht,
und in ihren Armen ist ein Kind an Unterernährung gestorben. Jeder hat
darüber berichtet, aber niemand hat sich den Verhältnissen im Land
angenommen. Die Vereinten Nationen haben Lebensmittel ins Land gebracht,
doch die Armee hat sie verkauft. Also gingen die Amerikaner in das Land,
um den Anführer Aidid gefangen zu nehmen und ihn wegen Verbrechen gegen
die Menschlichkeit anzuklagen. Der Film ist sehr akkurat, fügt nichts
hinzu und lässt nichts weg. Die Somalis haben sich hinter den Einheimischen
versteckt und durch die Menschenmassen auf die Amerikaner geschossen. Die
Amerikaner haben deshalb zum Teil nicht zurück geschossen. Wussten Sie
das?
Ist das Ganze nicht über alle Maßen
patriotisch?
Scott: Pearl Harbor war patriotisch, aber ich bin kein
Amerikaner. Black Hawk Down ist wie eine Dokumentation, und ich
bin Engländer.
Siegfried Tesche/Rico Pfirstinger
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