6/24/2004

ZEIT: Peter Lorre & Zaitoichi

Der Schauspieler und Publizist Hanns Zischler schreibt eine Hommage an Peter Lorre, zu dessen 100. Geburtstag:

Peter Lorre scheint den äußerst seltenen Fall einer wirklichen Doppelbegabung verkörpert zu haben. Sein Spiel auf dem Theater – also immer in der Raum-Totalen – war offenbar ähnlich suggestiv wie das des wesentlich robusteren und „direkteren“ Fritz Kortner. Beide waren in erster Linie eminente Techniker. Und weil diese vollkommene Sprechtechnik in nicht nachlassender Frische immer wieder hervorbrach, konnte sie auch im Film, also in der Welt nach der (Theater-)Totalen zur Geltung kommen. Hinzu kam in Lorres Fall eine bemerkenswerte historische und biografische Konjunktion: Er wurde zum Filmstar mit Anbruch des Tonfilms, und er rettete aus dem stummen Film und dem Theater ein ungeheures mimetisches Reservoir. Graham Greene konstatiert neidlos: "Lorre – und das ist vielleicht sein Unglück – kann fast alles."

Katja Nicodemus verfasst eine Hymne auf Takeshi Kitanos neuesten Film, die "Auftragsarbeit" Zaitoichi:

In Zatoichi sehen wir Kitano dabei zu, wie er einen Mythos der japanischen Populärkultur in sein eigenes, von Spiel und Tod geprägtes Universum überführt. Er selbst übernimmt die Rolle des Zatoichi, jenes blinden Schwertkämpfers und Masseurs, der über Jahrzehnte hinweg durch japanische Filme und Fernsehserien wanderte. War die Figur in den alten Filmen jedoch ein Rächer der Enterbten, ein warmherziger Robin Hood der japanischen Provinz, bekommt sie bei Kitano etwas unnahbar Aristokratisches. Platinblond gebleichtes Haar verleiht dem schweigsamen Helden die Aureole des Außenseiters.

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