Retrospektive Yasujiro Ozu

.

Jump Cut Filmkritik
__________________
Magazin für Film & Kritik:
Rezensionen und News.

Impressum

 
 


.

Yazujiro Ozu

 

Schwesterseiten

Auteur.de - Lexikon der Regisseure
Comix-Corner - die Comic-Website
Crime-Corner - die Krimi-Website
Literatur-Corner - die Seite für Literaturkritik
SciFi-Corner - die Science-Fiction- Website

Theater-Corner - die Theater-Seite
.

Archiv

Filmkritik
Filmbuchkritik
Filmklassiker
Alle alten Kritiken in der Übersicht
.

Interaktiv

Forum
Diskutieren Sie über Filme und/oder unsere Kritiken!

Mail
Was immer Ihnen an uns passt oder nicht passt.

.

Die Filme von Yasujiro Ozu
Texte von Ekkehard Knörer

 

Texte zu folgenden Ozu-Filmen:

An Autumn Afternoon (1962)
Im Film über Ozu berichtet die Witwe Kogo Nodas, des Drehbuchautors, von der Zusammenarbeit der beiden: Sie standen auf und tranken Sake. Sie gingen spazieren, sie arbeiteten eine Stunde am Buch. Dann aßen sie, dann tranken sie, dann waren sie erheiterter Stimmung und saßen zusammen von acht bis zwölf und schrieben. So ähnlich ist dieser Film

End of Summer (1961)
Die Neonreklamen von Osaka im Dunkeln: New Japan. Im Hinterland die Kimonos, das Ankleiden, Umkleiden, hochhackige Schuhe und das Geklapper der Holzsandalen auf der Straße. Die Schwestern am Fluss. Der Junge und der Großvater beim Baseballspiel, du wirfst schlecht, schimpft er. Und der Tod.

Floating Weeds (1959)
Nicht derselbe Fluss, in den man steigt, aber ein ähnlicher. Sie stehen sich wieder gegenüber, unterm Vordach der niedrigen Häuser, der Theaterleiter und seine Geliebte, dazwischen prasselt der Regen. Und auch das Ende: der fahrende Zug, der Abschied als Aufbruch, Wiederholung nahe am Identischen.

Equinox Flower (1958)
Man ist versucht, diese erstaunlich optimistische Variante der höchst vertrauten und andernorts sehr viel düsterer behandelten Problematik nicht zuletzt der Farbe zuzuschreiben, mit der Ozu hier erstmals arbeitet. Sie lenkt ab von der Strenge der Form, es tritt, um eines von Ozus Lieblingsmotiven zu nennen, die Stange mit der im Wind wehenden Wäsche nicht mehr nur als strukturiertes Bild auf: die einzelnen Kleidungsstücke springen heraus und ins Auge als buntes Einzelding.

Early Spring (1956)
Die Weltanschauung, die in dieser Form steckt, diffundiert vielmehr hinein in jede dieser Szenen, informiert die allerkleinste Bewegung ins letzte, es gibt im Ozu-Film (jedenfalls ab einem bestimmten Zeitpunkt seines Werks) kein Bild, keinen Schnitt, keinen inszenierten Raum und keine Kamerabewegung, die nicht reiner Ozu wäre.

Tokyo Story (1953)
Das Sitzen, das Sprechen, das Wahrnehmen der Welt: das alles tut sich nicht auf einmal. Das Schweigen und das leere Sprechen ist ein Kauen an der Welt, nicht Reflexion, nicht Reaktion. Dem, was einem widerfährt - und es sind die schlimmsten Bösartigkeiten darunter - gilt es mit aller Höflichkeit zu begegnen, es ist, als würde ihm ein Recht eingeräumt einfach, weil es ist.

Flavour of GreenTea Over Rice (1952)
Es ist, der Seltenheit wegen, jede Bewegung der Kamera in den späteren Ozu-Filmen bewegend - nicht im Auto, nicht am Zug als Mitnahme diegetischer Bewegung -, sondern als vorsichtige Stellung-Nahme zu den Figuren. Zumal es die Bewegung des Blicks ist, metaphorisch gesprochen, der immer einer der des Näherkommens ist - als Distanzreduktion, nicht, nie und nimmer, als Aufdringlichkeit.

Early Summer (1951)
Die Großeltern sehen wir zweimal im Gespräch, wir haben ein glückliches Leben geführt, sagt, beim ersten Mal, der Mann. Es hätte glücklicher sein können, meint sie. Es folgt ein Blick in den Himmel, in dem, weit oben, ein Luftballon schwebt. Lange verharrt der Blick darauf. Irgendwo, sagt der Mann, ist ein Kind jetzt unglücklich. Später, wieder die beiden. Sie: Wir haben ein glückliches Leben geführt. Er: Es hätte glücklicher sein können.

Late Spring (1949)
Er kehrt zurück ins Haus, das nun seines ist. Er setzt sich hin und schält einen Apfel, vielleicht die berühmteste Ozu-Einstellung. Danach: Das Meer. Und Ende. (Übrigens nie die Schwarzblende, sondern die Wiederkehr der Anfangstextur des Hintergrunds. Zum Verzicht aufs Abrupte gehört auch das.)

A Hen in the Wind (1948)
Er stößt sie von sich, sie stürzt die Treppe - aus vielen Einstellungen zuvor eines der visuellen Leitmotive des Films - hinunter, liegt gekrümmt, bewusstlos da. Sie ist ein zweites Mal gefallen, rappelt sich unter Schmerzen auf, quält sich wieder nach oben. In dieser nach außen gewendeten, bei aller Brutalität symbolischen Wiederholung ist der Schock überwunden.

Brothers and Sisters of the Toda Family (1941)
Die Kamera ist in einer Position der Zeugenschaft, die weder Kommentar noch Dokumentation ist: das elliptischen Voran des Erzählens ist Auswahl, Zuspitzung, Konzentration. All das aber wird in der Inszenierung, in ihrer Langsamkeit und der Reduktion der Gesten, der Bewegungen, beinahe wieder unsichtbar.

The Only Son (1936)
Die Mutter, die nun als Putzfrau arbeitet in ihrer alten Fabrik - und ihr Haus verkauft hat, im Schlafsaal übernachtet -, erzählt der Freundin: Mein Sohn ist ein großer Mann geworden in Tokio. Sie setzt sich draußen hin. Drei, vier Einstellungen ihrer Umgebung, eine langsame Entfernung von den Menschen, dann nichts mehr. Eine Schrifttafel vor Beginn des Films, das Motto: Das größte Unglück liegt in der Beziehung von Eltern und Kindern.

A Story of Floating Weeds (1934)
Drei Akte hat der Film, im dritten schließt sich der Kreis zum Neuanfang im Alten. Auf die Rückkehr und die Gegenwart in der Familie, den Moment einer möglichen kleinfamilialen Gemeinschaft, folgt der erneute Aufbruch. In diesem Kreis fließen, in den Möglichkeiten, die sich auftun, im Dulden, im Hass, in der Eifersucht, in der Freundschaft und in der Liebe, die in ständigen Verschiebungen die Beziehungen bestimmen, intensive Gefühle.

A Mother Should be Loved (1934)
Im letzten (erhaltenen) Drittel kommt es auch zum formalen Bruch: Bis dahin verzichtet der Film vollständig auf Bewegungen der Kamera, nun häufen sie sich, ohne nachvollziehbaren Anlass. Abrupt, natürlich, das Ende: es kommt, sagt die Schrifttafel, zur Versöhnung der Familie. Das hätte man gerne gesehen.

The Woman of Tokyo (1933)
Der Film ist, anders als die bisherigen, weder Komödie noch Melodram noch Tragikomödie, sondern: eine meisterhafte Tragödie. Eine abrupte Senkung der Temperatur im Vergleich zum bisherigen Werk. Distanziert beobachtet Ozu seine Figuren, Großaufnahmen der Gesichter wechseln mit Einstellungen aus Nebenräumen, in denen die Darsteller im sie umgebenden Raum beinahe verschmelzen.

Dragnet Girl (1932)
Eine Gangstergeschichte, ja. Die Genreelemente - das Milieu, die Waffen, der Überfall - sind aber nichts als die Schlacke falscher Vorbilder, die Ozu in eine auf sie gar nicht angewiesene Geschichte schleppt. Die eigentliche Logik dieser Geschichte hat, der beträchtlichen Spannung, die der Film entwickelt, zum Trotz, wenig mit diesen Oberflächenmerkmalen zu tun.

Where Now Are My Dreams of Youth? (1932)
Es geht jetzt, hier, plötzlich um nichts anderes mehr als die Asymmetrie, die in die Freundschaft hineinfährt, um das zerstörerische Werk der Abhängigkeit. Die Darstellung des Dilemmas kulminiert in einem grandiosen Höhepunkt. Tetsuo such Saiki auf, möchte ihn zur Rede stellen, ja, Widerstandsgeist in ihn hineinprügeln.

Ich wurde geboren, aber...  (1932)
Eine Familie - zwei Welten. Der Angestellte Yoshii ist in einen Vorort von Tokio gezogen, um näher an seiner Arbeitsstätte, aber auch an seinem Chef zu sein. Seinen Söhnen gegenüber tritt er als Autorität auf (nicht immer ganz glücklich: etwa in Unterhosen), dem Chef gegenüber ist er devot.

That Night's Wife (1930)
Diese Verdichtung nun ist in "That Night's Wife" von ungeheurer Kraft. Nach dem rasanten Auftakt kommt es zur abrupten Entschleunigung, in dem einen Zimmer, in der einen Nacht versammeln sich Mann und Frau und Kind. Und, als Eindringling, der Polizist, der durch Gewalt erst (die Frau entwaffnet ihn und richtet zwei Pistolen auf ihn), dann durch Mitgefühl (er entwaffnet die eingeschlafene Frau und unternimmt erst einmal nichts gegen die beiden) zum Zuschauer wird, hineingezogen in eine Dynamik, die eine der Bilder verängstigter, verzweifelter, todmüder Gesichter ist, zwischen denen Ozu hin- und herschneidet.

I flunked, but... (1930)
Am Ende lässt Ozu in diesem im Mittelteil mit gutem Grund eher wenig strukturierten Film den Kreis sich schließen. Die nächste Generation im Schulzimmer, der Lehrer lehrt - bezeichnenderweise - Ökonomie, die Flucht ins Freie, spielerisch hier, das ganze farcenhaft, misslingt.

Walk Cheerfully (1930)
All das ist nett, aber kaum mehr als generisch, Filme mit Plots dieser Art waren zur Entstehungszeit in Japan wohl nicht selten. Ozu aber macht daraus etwas ganz und gar Einzigartiges: einen Film über Gegenstände, über Bewegung und über Gegenstände in Bewegung.

Days of Youth (1929)
Die Szenen laufen oft auf Gags hinaus, die sich der Typisierung verdanken. Yamamoto ist der etwas hilflose Unglücksrabe, dem Watanabe im Ringen um die schöne Frau einen Streich nach dem anderen spielt. Am Ende bekommen die zwei, die sich streiten, sie beide nicht.

zur Jump Cut Startseite

zum Diskussionsforum

.

Suche


powered by crawl-it
.

Jump Cut Partner

 

Newsletter

Anmelden zum Jump Cut Newsletter mit wöchentlichen News und Updates

Powered by KBX7

.
.

Jump Cut Partner

.

Internet Movie Database


Filmtitel Person
Powered by www.IMDb.com