8/1/2004

Moore im Dschungel

In schöner Tradition hält die Jungle World die gewetzten Klingen der Kritik hoch und widmet sich im Themeblock der noch aktuellen Ausgabe, natürlich, Michael Moores neuem Film Fahrenheit 9/11. Erfrischend dabei, dass die "linke Wochenzeitung" keineswegs auf Abnicken des Anti-Bush-Films aus ist, sondern den einen oder anderen kritischen Blick wagt. Wer Linkskonformismus erwartet, wäre bei den Dschungelkämpfern ohnehin fehl am Platze.

In Der Kreuzzug des kleinen Mannes gehen Teresa Schweiger und Tobias Ofenbauer hart mit Moore ins Gericht. Nach allen Regeln der Kunst werden die formalen und inhaltlichen Verführungen des Films aufgelistet und das politische Projekt dahinter selbst diskreditiert: "Nicht ob rechtstaatlichen Regeln genüge getan wird, zählt, sondern ob sich der eigene politische Wille durchsetzen lässt. Die Nähe zu antietatistischen Konzepten des Populismus, in denen nicht der blutleere Rechtsstaat, sondern das gesunde Volksempfinden herrschen soll, liegt hier offen zu Tage." Das Schlußwort - ein Zitat von Orwell - schlage zudem fehl.

Keine wirkliche Kontraposition, aber eine im Detail doch in eine andere Richtung zielende nimmt Andreas Hartmann in Echt nicht echt ein. Film im Allgemeinen, Dokumentarfilme im Besonderen seien grundsätzlich keine authentischen Wiedergaben von Wirklichkeit. Wer Moore nun Wahrheitsfälscherei vorwirft, ist selbst schon in die Dokumentationsfalle geraten. Moore habe "mit dem Glauben mit dem Wahrheitsanspruch, der an einen Film, einen Film, anscheinend immer noch gestellt wird, endgültig Schluß gemacht". Des weiteren sei der Film ohnehin eher stabilisierend und somit wohl, im Sinne Moores, nur als Schuß in den Ofen zu betrachten.

Cui Bono? titelt Ivo Bozics wie stets beißende Polemik. Er kommentiert die Kampagne zum Film und enttarnt Verschwörungstheoretiker vor allem als an Geschwätz interessierte Persönlichkeiten, die die Ausgangsfrage ihrer Überlegungen nach dem Nutzen einer Sache (etwa: des 11.Septembers) ohnehin nie zuende denken. Das wusste man zwar schon vorher, Spaß hat's trotzdem gemacht und wahre Worte dürfen ruhig auch mal wiederholt werden.

Aus New York skizziert Max Böhnel die Rezeption des Films in den USA und blickt dabei auch ins republikanische Lager. "Einen der wenigen Lichtblicke in der Aufarbeitung des Films" hat er in einem Text von Robert Jensen, Professor für Journalismus in Austin (Texas), aufgetan, der für das linke Blatt Counterpunch schreibt: "Das stupid white movie sei ein »schlechter Film, aber nicht aus den Gründen, für die er in der herrschenden Kultur angegriffen wird". Es sei "»ein konservativer Film, der am Ende die zentrale Lüge der USA übernimmt«: dass es den US-Militärs um Freiheit gehe und dass »die angeblich so glorreiche Tradition der Armee durch den Irakkrieg gebrochen worden« sei."

Dabei ist Moore doch so erfrischend! Das zumindest ist Günter Wallraffs Einschätzung, den man für ein Gespräch gewinnen konnte. In diesem ist Wallraff in erster Linie wieder nur er selbt, will heißen: Man kann schon vorher wissen, was er sagt und wie er's argumentiert.

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