Das koreanische Kino ist, beinahe aus dem Stand, in den letzten Jahren
		    zu einem der vielseitigsten der Welt geworden, das machen auch die verschiedenen
		    auf der Berlinale gezeigten Filme wieder deutlich. Kim Ki-duk
		    ("The Isle",
		    "Bad Guy"), der Festivalliebling - für
		    viele freilich eine Hassfigur -, hat nun auch in seiner Heimat Erfolg und
		    zwingt nach wie vor Gewalt und Demütigungen in seltsam sperrige und
		    poetische Bilder. Jacky Kangs Blockbuster
		    "Shiri" bekommt als erster koreanischer
		    Film überhaupt einen offiziellen Kinostart in den USA. Und zwei Forums-Filme
		    erweiterten die Facetten noch einmal beträchtlich: Mit
		    "Nakta(dul)" war einer der radikalsten
		    und in seiner Konsequenz überzeugendsten Filme des Festivals zu sehen,
		    während die Regisseurin Jeong Jae-Eun (sie ist, wie sie selbst
		    erzählt, erst die achte koreanische Regisseurin überhaupt, die
		    einen Film in die Kinos ihres Landes gebracht hat) in ihrem Debütfilm
		    "Take Care of My Cat" vorführt, dass man zu aus Frankreich vertrauter
		    unspektakulärer Leichtigkeit auch in Korea in der Lage ist.
		     
		    In der ersten Szene verabschieden sich die fünf Freundinnen,
		    um deren weitere Schicksale es dem Film gehen wird, von ihren Schuluniformen,
		    von ihrer Schulzeit. Als sie um die zwanzig sind, der Ernst des Lebens begonnen
		    hat, nimmt "Take Care of My Cat" den Faden wieder auf. Hae-Joo ist die beruflich
		    erfolgreichste von ihnen, arbeitet in einer Börsenmaklerfirma und ist
		    dort schon äußerlich, mit Kleid und braver Frisur, fest in die
		    nur scheinbar sanften Hierarchien eingebunden - an unterster Stelle. Privat
		    aber fühlt sie sich ihren Freundinnen, die sich mit Gelegenheitsjobs,
		    im väterlichen Heizsteinladen oder durch den Verkauf von Nippes auf
		    der Straße durchschlagen, überlegen, nimmt sie auf ihren
		    Shoppingtouren mit, obwohl nur sie sich die schicken Kleidungsstücke
		    leisten kann. Sie ist auch die einzige, der der von allen ersehnte Sprung
		    von der schmutzigen, armen Vorstadt Inchon ins teure, lebendige Seoul gelungen
		    ist.
		     
		    Die Katze des Titels ist ein Geschenk der verschlossenen Ji-Young
		    zum zwanzigsten Geburtstag Hae-Joos, das diese erst annimmt; am nächsten
		    Tag aber gibt sie die Katze zurück. Ji-Young lebt bei ihren Großeltern
		    - und als diese beim Einsturz ihres Hauses ums Leben kommen und Ji-Young
		    nur überlebt, weil sie die Nacht gemeinsam mit ihren Freundinnen verbracht
		    hat, gibt sie die Katze an die im ständigen Clinch mit ihrem
		    autoritären Vater lebende Tae-Hee weiter. Dieser Reigen ist ganz typisch
		    für die Subtilität, mit der Jeong Jae-Eun vorgeht. Auf dramatische
		    Ereignisse hat sie weitgehend verzichtet. Umso genauer beobachtet sie die
		    Kleinigkeiten, im Verhältnis der Freundinnen, aber auch im koreanischen
		    Alltag. Das Netz, das die fünf zusammenhält, ist das der Kommunikation
		    über das Handy, das alle immer dabei haben, dessen Klingeltöne
		    für die mittellose Ji-Young auch einmal als Stereoanlagen-Ersatz herhalten
		    müssen. Um die Bedeutung des Handys zu betonen, projiziert die Regisseurin
		    die SMS-Botschaften, die die Freundinnen sich schicken, immer wieder ins
		    Bild hinein, auf Häuserwände, ins Fenster der fahrenden S-Bahn.
		    Nicht nur mit diesem Einfall versieht sie ihren Film mit einem dünnen
		    Firniss der Poesie, ganz unaufdringlich, aber sehr kunstvoll. 
		     
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