5/27/2004

taz: Kinotag

Dafür lieben wir die taz: Ein riesengroßer Artikel von Dorothee Wenner über die derzeitige Kino-Krise in Indien. Verursacht ist sie durch den Boom der Multiplexe, der die sogenannten Stand-Alones, also Kinos mit nur einem großen Saal in arge Bedrängnis gebracht hat. Aus filmpolitischer Perspektive hat das durchaus seine Vorteile, denn die Multiplexe ermöglichen durch größere Flexibilität in der Programmierung der unterschiedlich großen Säle gerade einen kleinen Boom des nicht-kommerziellen Parallel Cinema. Oder vielleicht sollte man eher sagen: Sie machen das Entstehen einer ganz neuen Sorte Kino möglich, die weder rein kommerziell noch - notgedrungen - ausschließlich für den vorwiegend internationalen Festivalmarkt gedreht wird:

Die Kombination von preiswerteren Produktionsmöglichkeiten und neuen Abspielstätten mit kleineren Kinos hat seit einigen Monaten eine Vielzahl von Autorenfilmen hervorgebracht, die die riesige Kluft zwischen Großproduktionen und dem unabhängigen Kino scheinbar erfolgreich geschlossen hat. "Maqbool", eine Macbeth-Adaption von Vishal Bhardwaj, gilt in dieser neuen Kategorie des indischen Kinos als Prototyp. Der Film hatte recht gute Einspielergebnisse, obwohl er ohne Top-Stars gedreht wurde, dabei aber sehr subtil das Milieu der Unterwelt von Bombay darstellt und die obligatorischen "Song & Dance"-Szenen geschickt in die Geschichte integriert. (hier unsere Kritik des Films)

Auf der anderen Seite erweist sich die durch den Multiplex-Boom verursachte Gentrifizierung als großes Problem für das einkommensschwache Massenpublikum, von dem das indische Kino bisher vor allem gelebt hat:

Bislang funktionierte die indische Filmwirtschaft, weil sich auch Schlechtverdienende - sogar Bettler - für 10, 15 oder 20 Rupien Kinokarten kaufen konnten. Genau diese Leute aber gehören nicht zum Zielpublikum der Multiplexe: Dort kostet der Eintritt bis zu 150 Rupien (knapp 3 Euro). Damit wird Kino - bislang die liebste Freizeitgestaltung der Inder - zu einem Vergnügen, das sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr leisten kann, jedenfalls dann nicht, wenn es die stand-alones eines Tages nicht mehr gibt.

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