Der sichtbare Dritte (Hahn Rowe) tritt als Erster auf und macht Musik,
drückt Knöpfe am Computer, streicht den Bogen übers liegende
Saiteninstrument. Zur Soundscape, die bleibt und in aller Sichtbarkeit vom
Dritten skulptural entworfen wird, die Pelzlandschaft, brauner Velour,
Braunbär-Velour (diese Assoziation erfüllt sich zuletzt). Das Paar
(Meg Stuart/Benoit Lachambre) betritt Sound- und Velourlandschaft, die
über- und unterbestimmt sind: überall, nirgends, Ort, Zeit,
menschenleer, abgesehen vom Dritten, der den Raum mitschafft und ihm am Rande,
sehr am Rande nur angehört.
Der Raum, den das Paar vorfindet, macht sie zittern, versetzt ihre Körper
in Spasmen. Oder verdanken sie diese Spasmen einander? Ist der Raum
psychologische Landschaft, in der sie zueinander nicht finden? Sie winden
sich, er labt sich an ihren Ausscheidungen, er vergräbt sein Gesicht
im braunen Velour. Unterbestimmt und zugleich ins zitternden Detail ausgearbeitet
ist die Beziehung der beiden, die gekleidet sind wie an den Rand der Zivilisation
verschlagener White Trash, Trailerpark-Liebende. Tanz den Spasmus der Liebe,
freilich ohne alle kapital-romantische Markierbarkeit, ja, ohne Sprache beinahe.
Die Beziehung ist übers Nähern und Sich-Entfernen, übers Sehnen
und Fliehen hinaus nicht linear narrativiert, zerfällt in Szenen, die
der Landschaft (Musik, Velour) eher entsprungen scheinen als jeder Psycho-Logik.
Es kommt, später (aber noch im ersten Teil; der der längste ist;
drei Teile wird es geben; zwei überflüssige), zum Picknick, das
auf Sex hinauszulaufen scheint und am Sex dann ausgerechnet vorbeiläuft.
Topoi der Annäherung werden eingespielt und angespielt, der Coitus aber
bleibt interrupt auch ohne die Spasmen, die sich verloren haben. Es kommt
nun beinahe zu tanzähnlicher Bewegung. Die beiden binden sich dann
aneinander mit einem Seil, werfen sich auf den Velour, rennen, retten,
flüchten. Und auch das schlägt um. Er wirft die Kleider von sich,
rennt nackt über das Plateau am Ende der Bühne, hin und her wie
ein Urmensch in der Spätkultur, sie beobachtet ihn durchs Fernglas.
Der zweite Teil: Gänzlich andere Szene, ein Fenster öffnet sich
in der Landschaft, die Musik verstummt. Dafür jetzt Sprache. Hinterm
Fenster ein steriler, weißer, erleuchteter Raum, der Mann erkundet
ihn, zieht einen weißen Kittel an. Bald betritt auch sie diesen Raum,
der nur vage bestimmt ist und sprachlich genauer bestimmt wird als Raum der
Ausschließungen. Neben der Sprache der Körper, ihr Körper,
fast nackt, an das Fenster gepresst, aber der Körper und die Sprache
finden so wenig zu einander wie die Körper der beiden, aus denen es
Ausschließungen spricht. Wenn auch ein Dialog, beinahe, mit aggressivem
Unterton.
Der dritte Teil: Zurück im Velour, aber nun die beiden im
Braunbär-Fell, das sie gelegentlich halb von sich schälen. Liebe
ist nun möglich, jedenfalls als das Klischee ihrer Körpergesten.
Die beiden umarmen sich, herzen sich und bauen sich ein Zelt. Ist auch wieder
Musik jetzt. Das Zelt steht und auf der Plane zu sehen, als wäre es
ein weiterer Ort, der sich eröffnet, eine Kitschlandschaft mit
Sonnenuntergang. Die beiden, die nun im Klischee und als Klischee zueinander
gefunden haben, verschwinden im Zelt, auch der sichtbare Dritte liegt nun
wie glückselig im Schlaraffenland auf dem Boden. Das Licht geht aus. |